Freiheit

Mich hat vor einer Weile mal geärgert, dass ein Psychiater sagte: Es gibt keine Freiheit, weil der Mensch determiniert ist, also Bedingungen unterliegt.

Freiheit ist relativ. Herr Meier hat nicht die Freiheit, plötzlich zu fliegen oder chinesisch zu reden, aber er hat die Freiheit, Chinesisch zu lernen. Jede Freiheit setzt Bedingungen voraus.

Ein Beispiel: Es riecht komisch. Eine Fliege hat die Möglichkeit, in diesem Gestank zu leben oder zu sterben. Ihre Mitwirkungsmöglichkeiten sind gering. Sie könnte dort hin fliegen, wo das Gas weniger konzentriert ist, aber die Information hat sie nicht, also auch nicht die Freiheit.

Anders der Mensch: Er könnte fest stellen, dass es komisch riecht, und sich eine Gasmaske auf setzen. Das setzt Einsicht und Information voraus. Was ist das?

Einsicht (und Entscheidungsfähigkeit) ist die Fähigkeit komplexer Organismen, Informationen zu verarbeiten und ihr Verhalten danach zu bestimmen.

Einwand: Kann doch ein Computer auch? Nein. Der Computer ist nur ein Glied in der Kette der Bedingungen; programmiert wird er vom Mensch, quasi als verlängertes Werkzeug seiner geistigen Tätigkeit. Der Computer entscheidet blind, wie komplex er auch immer sein mag. Ihm ist es egal, ob er Mücken zählt oder Leichen.

In der mechanistischen Philosophie hat sich die Sitte ein geschlichen, nur auf die Bedingungen zu starren, denen der Mensch unterliegt, und zu glauben, wer bedingt ist, kann ja nicht frei sein. Dreht man sich um, dann kann man fest stellen, dass Menschen (und Affen, Delfine..) selbst zur
Bedingung werden für die Vorgänge in ihrer Umwelt. Sie setzen bewusst Bedingungen. Das ist ihre relative Freiheit.

Freiheit ist also nichts, was von außen oder oben kommt, vielleicht vom lieben Gott. Freiheit ist eine Möglichkeit komplexer Organismen, ihre Umwelt so zu gestalten, dass sie darin besser leben, wachsen oder experimentieren (d.h.ihre Freiheit erweitern) können (typischer Weise
begleitet von lustvollen Gefühlen).