Menschen sind keine Computer. Wenn sie denken wie Computer, dann ist etwas faul. Menschliche Gedanken funktionieren wie das Internet: Viele Erinnerungen an ähnliche Situationen, Gefühle und Emfindungen werden miteinander verknüpft. Und weil die Links oder Verknüpfungen sonst zu zahlreich und unübersichtlich werden, muss regelmäßig aufgeräumt, gezielt vergessen werden. Das geschieht normalerweise im Schlaf, ganz von selbst.
Stellen Sie sich vor, Ede hat Sie beleidigt, und Sie wussten nicht die richtige Antwort. Sie werden auch nächste Woche noch mit Groll an Ede denken und, weil Sie die richtige Antwort immer noch nicht wissen, sich bemühen, ihn zu vergessen. Sie wollen die Erinnerung in die Rumpelkammer Ihrer Erinnerungen sperren. Und dann träumen Sie doch noch von Ede, die Erinnerung ist nicht weg, Sie ärgern sich über ihn und dann auch noch über sich, weil Sie die Erinnerung nicht los werden. Sie schlafen schlecht, fürchten sich vor Ihren Träumen. Die
Rumpelkammer Ihrer Gedanken und Gefühle wird immer voller. Das ist so ähnlich wie beim Computer, wenn Sie zu viele Programme gleichzeitig laufen lassen. Er arbeitet immer langsamer und stürzt schließlich ab.
Vielleicht hilft ein Gläschen? Oder zwei? Fein, Sie denken nicht mehr. Aber aufgeräumt ist auch noch nicht, am nächsten Tag ist der Ärger schlimmer als vorher. Und jetzt schlafen Sie auch noch schlecht. Sie haben also nicht die unnützen Programme beendet, sondern nur den Computer an seiner Arbeit gehindert.
Und jetzt wollen Sie funktionieren wie ein richtig guter Computer. Ein perfektes Programm muss her. Und weil Ihr eigenes Programm nicht geholfen hat, gehen Sie zum Guru, zu Muttern, zum Chef oder zum Chefideologen und holen sich eins. Also Sie sollen jetzt den Inneren Schweinehund bekämpfen, die Worte der Propheten befolgen, die alles besser wussten, oder Petersilie und Brunnenkresse essen. (*) Scheint ja auch zu helfen, Sie sind beschäftigt. Aber nachts müssen Sie schon wieder an Ede denken. Klar: Sie haben noch nicht genügend die
Worte der Propheten befolgt, oder nicht genügend hart an sich oder für Ihren Chef gearbeitet. Also geben Sie sich mehr Mühe. Dann werden Sie auch die ewige Seligkeit erlangen, genügend Geld verdienen oder Ihre Krankheit besiegen.
Das ist so, als ob Sie ein guter Computer sein wollen mit einem Programm, das besser ist als alle Programme. Aber Sie haben jetzt nur noch ein Programm mehr, und um sich zu befreien, hilft kein Programm.
Warum? Das Müssen und Sollen macht Angst, die schließlich viel größer ist als Ihre Angst vor Ede. Wer Angst hat, schläft schlecht und bleibt hilflos, da hilft auch keine Brunnenkresse. Also: Weg mit allen Programmen, zurück zu den ursprünglichen Wahrnehmungen, Gedanken und Gefühlen. Aufräumen. Was wollen Sie dem Ede eigentlich sagen? Und Ihrem Chef? Und Muttern? Plötzlich ist das klar, und beim nächsten Mal sagen Sie Ihrem Chef, was Sie sagen wollen. (Möglichst so, dass er Sie versteht.) Und schon ist die Rumpelkammer nicht mehr so voll.
(*) Übrigens, damit das klar ist: Ich bin nicht gegen vegetarische Ernährung. Ich bin nur gegen einseitige Rezepte.